Die TEXTILE ART BERLIN ist jedes Jahr ein Großereignis für alle Textilbegeisterten, nicht nur in Berlin. Es waren KünstlerInnen aus 22 Ländern präsent und Kunstwerke aus Korea, Kirgistan, Senegal, Elfenbeinküste, Ungarn, Indien, Laos und vielen weiteren Ländern zu bewundern. Wie in jedem Jahr waren schon die Wege zur Carl-von-Ossietzky- Schule geschmückt, wie zum Beispiel hier ein Geländer unmittelbar vor der Schule.
Gleich neben dem Eingang konnte ich die 79 kleinen Kunstwerke aus dem Jahressampler 2017 noch einmal bewundern. Ich hatte sie schon bei der Jurierung gesehen. Vor einem meiner Lieblingsstücke bin ich stehen geblieben und wie der Zufall es wollte, stand die Künstlerin direkt neben mir: Brigitte Lüdtke. Das Thema für 2017 lautete „Pastell.“ Brigitte erzählte mir, sie habe eine Freundin gefragt, was ihr denn zu diesem Thema einfalle und diese habe spontan gesagt. „Unterwäsche und Sommerkleider“. Die „Sommerkleider“ inspirierten Brigitte zu diesen Hüten. Fast noch schöner finde ich die geknoteten Schüre.
Unterwäsche war aber genau das, was Pia Fischer hier verarbeitet hat!
Brigitte Lüdtke war auch mit mehreren Werken bei der Ausstellung „Past, Present, Future“, der Gruppenausstellung der BEAD PEOPLE BERLIN vertrete, einer Gruppe, die sich für historisches und zeitgenössisches Perlendesign und textile Künste interessiert. Brigittes Werke waren wunderbar gerahmt und hinter Glas. Sicher eine gute Idee, aber problematisch zu fotografieren. Brigitte wies mich besonders auf das silbrige Werk hin. Noch während ich das stand und es bewunderte, fragte eine Besucherin nach den Perlchen in der Arbeit. Es seien aber keine Perlen, sondern winzige französische Knötchen, erklärte Brigitte. Erstaunlich, fand nicht nur die Besucherin.
Wie in jedem Jahr war auch Ingrid Wieland mit einer Einzelausstellung vertreten, in diesem Jahr zum Thema: „Klein, kleiner am kleinsten“. Sie zeigte 600 Mini-Quilts, die sie zu etwa 40 großen Bildern zusammengesetzt hatte. Hier das Bild, bei dem sie 14 kleine Bilder mit sechs Hortensien, sechs Edelweiß und zwei Blättern auf rotem Stoff befestigt hat.
Gern stehen geblieben bin ich im Raum der Färberkooperative „Coopérative des Teinturiers de Guediawaye“. Zwei Künstler der Cooperative, Scheikh Diop und Scheikh Kanoute trugen wunderschöne Indigo-gefärbte Kaftane. Auf einem Tisch am Eingang standen Kräuter und Rinden, mit denen gefärbt werden kann.
Am Stand von Zürcher Stalder saß Coco von der Elfenbeinküste, der mit einem steinzeitlich anmutenden Webgestell die Streifen webte, die später die riesigen Decken zusammengesetzt werden. Auf die Frage einer Besucherin nach Vorlagen für seine weiß/roten Muster antwortete er lachend, das habe er alles im Kopf. Er webe schon viele Jahre.
Die Gruppe QuiltArt zeigte die Ausstellung „Small Talk.“ Mit dabei Inge Hüber mit einem Quilt, den eine Besucherin gleich neugierig anfassen wollte. Ich sagte ihr, der Quilt stamme von einer sehr berühmten deutschen Quilterin und merkte gar nicht, dass Inge Hüber direkt neben mir stand. Sie zeigte Verständnis für das Bedürfnis, die textilen Kunstwerke zu erfühlen, wenn das natürlich auch keine Künstlerin gern sieht. Auch der Quilt „Millefiori“ von Janet Twinn hatte es mir angetan.
Nur wenige Schritte weiter die Ausstellung „Paths of Life“ der koreanischen Textilkünstlerin Prof. Ihn Sook Shin. Ihre wunderbar feinen Stickarbeiten habe ich zum ersten Mal bei einem Interview mit der Künstlerin gesehen, das Sie hier nachlesen können. Auf dem Tisch vor der Ausstellung lagen auch kleine Stofftaschen im Pojagi-Stil, einer typisch koreanischen Patchwork-Technik.
Viele Kissen und ein Video: eine Kooperation mit Mathilde ter Heijne („It will be!“) und Ilaria di Benedetto („Mama Africa“). „It Will Be!“ setzt sich mit den Geschlechterrollen unterschiedlichster kultureller Hintergründe und deren Bezug zum Handwerk des Nähens auseinander. Ziel ist, in einem gemeinsamen Prozess Veränderungspotentiale zu erkennen und auszuschöpfen.
„Farbe plus Form“ ist der Titel der Ausstellung des Patchwork-Treffs Berlin Brandenburg. Die Teilnehmerinnen an der Ausschreibung hatten sowohl eine Farbe als auch eine Form zugelost bekommen und haben daraus einen 80×80 cm großen Quilt geschaffen. Sehenswert!
Ein echter Hingucker waren die frei im Raum aufgehängten Kaftane der Gröbenzeller Quiltgruppe, die die Ausstellung „Blick in den Orient“ präsentiert. Daneben waren auch viele Quilts mit orientalischen Motiven zu sehen.
Gern stehen geblieben bin ich auch bei der Blaudruckerin Simone Meentzen, die zarte Muster auf blauen Untergrund druckt. Sie lebt in Berlin, verweist aber auch auf die Blaudruckerei Folbrecht in Coswig, die man nach vorheriger Anmeldung besichtigen kann.
Schöne Bilder nehme ich immer wieder mit bei der Weberin Dagmar Rehse, die ihr Atelier im Wedding hat. Ich habe sie schon einmal dort besucht. Hier können Sie meine Eindrücke nachlesen. Auch die Berliner Weberin Barbara Deicke zeigt schöne Arbeiten, so ein sicher sehr gemütliches Stuhlkissen.
Mit Annemarie Pattis, der Kuratorin der Ausstellung „5 Frauen – 5 Techniken – 1 Thema“ des Art Textil e.V., konnte ich mich über die sehr gelungene Ausstellung der Gruppe unterhalten. Nach sieben Engelsgedichten aus einem Bilderbuch von Jutta Richter hatten die Künstlerinnen Anna Zimmermann, Annemarie Pattis, Barbara Gerstner, Gonhild Murmann und Rita Winter Quilts, Figuren und Grafiken gestaltet. Hier der Quilt, die Figur und die Grafik zum Brennesselengel.
Teil 2 der Reportage folgt in wenigen Tagen!
Die Messe war 2016 zum letzten Mal in der Carl-von-Ossietzky-Schule zu Gast.
Ab 2017 wird die TEXTILE ART BERLIN auf dem PHORMS Campus Berlin-Mitte, Ackerstraße 76, 13355 Berlin stattfinden.
Der nächsten Termin ist 24. und 25. Juni 2017. Hier können Sie schon den Flyer herunterladen.